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Faust III

Oper für Schauspieler
Libretto nach Friedrich Theodor Vischer
Uraufführung 1992, LTT Tübingen

Besetzung: 1 D, 3 H, Quartett, Chor
Orchester: 3 Piccolo, 3 Tuben, Klavier, Schlag- und Geräuschinstrumente

Vischers Faust-Parodie "Der Tragödie dritter Teil" verursachte 1862 bei vielen Zeitgenossen helles Entsetzen und wurde als Geschmacklosigkeit, als Sakrileg und Denkmalsschändung beschimpft. In der Tat ist das unter dem Pseudonym Deutobold Symbolizetti Allegoriowitsch Mystifizinsky veröffentlichte Versdrama um die Frage, ob Dr. Faustus nun in den Himmel oder in die Hölle gehört, ganz schön unbotmäßig. Es ist eine mit übermütigem Sprachwitz geführte Attacke, nicht so sehr gegen Goethe, als vielmehr gegen den blind anbetenden Tiefsinnkult des 19. Jahrhunderts.
Die von Susanne Hinkelbein speziell für Schauspieler ohne Gesangsausbildung kreierte Oper ist von der ersten bis zur letzten Sekunde durchkomponiert. Sie enthält von der Ouvertüre über Arien und Rezitative bis zu den Chören sämtliche Formen, die zur Oper gehören. Die extreme Hoch-tief-Besetzung des Kammerorchesters mit Piccoloflöten und Tuben, die dauernden Dur-Moll-Wechsel spielen auf Vischers Habilitationsschrift "Über das Erhabene und das Komische" an. Ein vergnügliches musikalisches Abenteuer im Irrgarten bedeutungsschwangerer Mythen, erfrischend respektlos, aber auch phantasievoll und überschäumend.






Wissensbeflissenes, zweifelgebissenes, zwiespaltzerschlissenes, weltschmerzzerissenes Seelentorment! Wildkataraktisches, unprophylaktisches, teufelskontraktisches, unterschriftspaktisches Blutatrament!







Stuttgarter Zeitung Susanne Hinkelbeins Partitur setzt in der Regel nicht noch eine Parodieschicht drauf, sondern illustriert Vischers irrwitzige Wortkaskaden sparsam, gezielt. Nur manchmal kommt die "Schauspielmusik" aus der Reserve heraus, garniert die goethe-äffenden Vischer-Chöre mit Dada-Sprachzerlegungen, verfällt in griffigen Eisler-Weillschen Songstil oder läßt den Kircheninquisitor im Schnadahüpferl-Ton wüten.


Stuttgarter Nachrichten Wie geschaffen für die Oper, denkt man im Nachhinein. Doch mußte jemand eben erst darauf kommen, dass der inhaltliche Wechsel von einer Prüfung zur anderen, wie der formale Wechsel von Vers-Rhythmus und Klangcharakter und das große Finale eine musikalisch-theatralische Herausforderung sind.

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